Seit Tausenden von Jahren treibt uns ein innerer Drang dazu an, zu singen, zu dichten, zu malen. Das tiefe menschliche Bedürfnis nach künstlerischem Ausdruck gab es schon zu Zeiten wo Kunstwerke noch nicht verkauft oder signiert wurden. Damals wie auch heute nehmen Künstler selbst existenzielle Nöte in Kauf, um kreativ arbeiten zu können. Bei Kreativität geht es um innere Haltung und um Gewissenhaftigkeit. Sie besteht nicht nur in ästhetisch-gestalterischen Kompetenzen. Und obwohl mit anderen Tätigkeiten oft mehr Anerkennung bekommen und mehr Geld verdient werden kann, singen, dichten und malen wir.
„Menschen, die kreativ sind, denken ständig über das Gebiet nach, in dem sie arbeiten.“ Sagt Psychologe Daniel Golemann. Kreativität ist für Kultur- und Kreativschaffende eine ständige Begleiterin. Sie ist die innere Triebkraft, in 2020 Überlebensstrategie und immer eine Daseinsform. Von Kreativen und Künstlern kann unsere Gesellschaft in vielen Bereichen lernen. Sie sind Überlebensstrategen und legen eine unglaubliche Vielfalt an Eigenschaften und Kompetenzen an den Tag. Tief verwurzelt mit ihrer inneren Haltung sind beispielsweise
- Neugierde und Offenheit
- Mut und Ausdauer
- Verantwortungsbewusstsein
- Empathie und Leidenschaft
- Fokussierung und Willenskraft,
um nur einige wenige zu nennen.
Vor allem eine positive Lebenseinstellung und ein ausgeprägter Optimismus befähigen Künstler Kritik besser aufzunehmen und zu reflektieren. Dies wiederum führt zu Mut, um Routinen zu hinterfragen und aufzubrechen.
Psychologen, Neuroforscher, Ökologen und Biologen haben sich der Thematik angenommen, um zu ergründen woher dieses tiefe Bedürfnis kommt sich künstlerisch auszudrücken. Ein Blick in die Welt der Biologie bringt erste Aufschlüsse. Dort scheint die Existenz der Kunst ein Paradoxung zu sein. Anders als etwa, die Jagd, Acker- oder Hausbau, hat sie keinen lebenspraktischen Sinn. Wir Menschen können steinalt werden, ohne auch jemals im Leben ein Kunstwerk geschaffen oder gesehen zu haben. Das Schaffen kostet Zeit und Energie, die dann für überlebenswichtige Tätigkeiten fehlen. Dennoch hat unser Gehirn es geschafft über Jahrtausende hinweg diese Fähigkeit zu entwickeln. Aus Sicht der Evolutionsbiologen bildet sich eine derart komplexe Fähigkeit nur heraus, wenn sie einen handfesten Nutzen bietet. Einen Selektionsvorteil.
Dass das Singen ursprünglich auch dem Menschen der Balz diente, vermutete schon Darwin. Aber auch andere Evolutionsbiologen sind überzeugt, dass der künstlerische Ausdruck dabei half die eigenen Gefühle auszudrücken. Attraktiver wirken als die Konkurrenz. Dieser Trick funktionierte im Laufe der Evolution gut und konnte sich die grundlegende Fähigkeit zum Singen bis hin zur virtuosen Opernarie weiterentwickeln. Das Produzieren von Kunst dient aber nicht nur den Wettbewerbsvorteilen. Auch die Verständigung über Wünsche und Ziele einer Gemeinschaft werden darüber ausgedrückt. Kunst hilft, das Leben in einer Gruppe zu verbessern oder auch um sich von anderen Gruppen zu unterscheiden. Kunst erleichtert die Identifikation der Individuen mit den Zielen und Werten der Gemeinschaft.
Musik Als Kommunikationswerkzeug
Wichtig zu beachten ist, dass es im Gehirn kein spezifisches Musikzentrum gibt. Vielmehr werden verschiedene Gehirnzentren aktiviert, wie der motorische Cortex, die Sehzentren und das limbische System. Interessant ist aber vor allem, wie sich dies mit der Sprachaufnahme, also auch der Kommunikation, ähnelt. Eine Studie, welche im Jahre 2002 von Angela Friederici vom Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig durchgeführt wurde, erforschte, dass das Gehirn die Musik mit den gleichen syntaktischen Regeln aufnimmt, wie die Sprache. Das Aufnehmen von Klängen geschieht in zwei Teilen des Gehirns (Broca-Areal und den vorderen Teil des Gyrus temporalis superior), die eigentlich Sprachnetzwerke sind. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um geformte Wörter oder Töne handelt. Auch Stefan Koelsch, von der Freien Universität Berlin, setzt sich mit der Musik im Bezug auf die Neurobiologie auseinander. 2005 erforschte er, dass musikalische Fehler, wie zum Beispiel ein “schiefer Ton” o.Ä. eine Irritation im Gehirn erzeugt. Nach Koelsch zu Folge sei diese Fähigkeit nur den Menschen zugeschrieben. So sei das Musikverständnis und somit Musik generell rein menschlich.
In unserer Gesellschaft wird es immer wichtiger die Außenwelt an unseren Emotionen teilhaben zu lassen. Wir drücken uns auf unterschiedliche Weise kreativ aus und belassen es längst nicht mehr bei der Zurschaustellung auf Bühnen vor einem begrenzten, lokalen Publikum. Durch den Zugang zu Plattformen wie Instagram, YouTube und TikTok ist jeder mittlerweile in der Lage seine Gefühlswelt und das, was ihn/sie bewegt, ins Internet zu stellen und einer breiten Masse weltweit zur Verfügung zu stellen. Der Kreativität sind dabei keine Grenzen gesetzt.
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