Oliver Elias ist einer der beiden Gründer und zugleich Geschäftsführer von Garamantis. Er hat seine Diplomarbeit am Ars Electronica Center in Linz realisiert und wurde so zu einem der Protagonist*innen des Deep Space-Projektes, ein immersiver Projektionsraum im Inneren eines schwarzen Würfels. Die dort aufwendig erzeugten virtuellen Environments in 8K-Auflösung nehmen die Besucher*innen mit auf Reisen durch den menschlichen Körper, die kulturelle Geschichte oder die Weiten der Galaxie. Den Deep Space gibt es seit 2009 und er war das Highlight zur Eröffnung des Ars Electronica Centers in Linz. Ebenso lange währt nun auch die enge Zusammenarbeit zwischen der Ars Electronica und Oliver, der 2014 für diese Kooperation das kleine Unternehmen Garamantis zusammen mit Marcus Dittebrand gründete. Zu Beginn entwickelte Garamantis ausschließlich Software für die Ars Electronica.
Seit 2016 ist auch Andreas Köster Teil des Teams, der im weitesten Sinn für das Business-Development zuständig ist. Mit ihm vergrößerte sich das Team und Garamantis begann auch eigene Projekte jenseits der Ars Electronica umzusetzen. Mit diesen eigenen Projekten ermöglicht das Berliner Unternehmen auch Kultureinrichtungen und Kund*innen aus der Privatwirtschaft immersive Erlebnisse für Ausstellungsräume und Showrooms. Wir haben mit Andreas über das Unternehmen, die Wechselwirkung der beiden Unternehmensbereiche und über das Verhältnis von Technologie und Kreativität gesprochen.
Immersion für Kultureinrichtungen
Die entscheidende Idee hinter der Erweiterung des Arbeitsbereiches von Garamantis war der, die Erfahrungen aus den aufwendigen Ars Electronica-Projekten in abgeschlossene interaktive Lösungen zu überführen, wie Andreas erzählt.
“Bei uns ist es so, dass Inspiration und Herausforderungen häufig aus den Ars Electronica-Projekten kommen. Die Technologien, Ideen und Ansätze nutzen wir dann für unsere eigenen Projekte und entwickeln Lösungen, die dann auch in einem kleineren Kontext eingesetzt werden können. So z.B. unser Multitouch-Tisch, der sehr interaktiv mit seinen Benutzer*innen umgehen kann, oder die interaktive Vitrine, mit der Exponate hinter dem Museumsglas spielerisch über Touch-Gesten erforscht werden können.”
Bei den Lösungen handelt es sich jedoch nicht um Ware vom Fließband. Jeder Multitouch-Tisch wird individuell für die jeweiligen Ansprüche gefertigt und mit der entsprechenden Software bespielt. So findet sich der Tisch an ganz unterschiedlichen Orten wie dem Bundespresseamt, dem Vereinsmuseum des Fußballvereins Borussia Mönchengladbach oder dem Naturkundemuseum Berlin. Kein Tisch gleicht dem anderen. Die Technologie kommt dabei häufig in neuer Kombination oder einem neuen Gebiet zum Einsatz:
“Wir entwickeln weniger neue Technologien, als dass wir vorhandene Technologien neuartig einsetzen und kombinieren. Unser Multitouch-Tisch z.B. hat einen Personensensor, damit der Tisch weiß, in welche Richtung er die Inhalte öffnen soll. Er scannt mit einem 360°-Laser die Füße und kann detektieren, wo da einer geht oder steht. Der Laser ist fertig zu kaufen, der kommt aus dem Automobilbereich, aber die Idee das da einzubauen und gewinnbringend in die Software zu integrieren, das ist neu und das machen wir.”
Multisensorische Sensibilisierung
Zusammen mit der Berliner Agentur Super an der Spree hat Garamantis die 360°-Klimakuppel für das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung realisiert. Zielsetzung war, den Klimawandel virtuell erfahrbar zu machen und die Besucher*innen mit einem immersiven Erlebnis für seine katastrophalen Folgen zu sensibilisieren. Wer die Kuppel betritt, kann mittels einer 360°-VR-Technologie virtuell nach Madagaskar reisen, wo die Auswirkungen des Klimawandels bereits erhebliche Schäden anrichten. Zusätzlich werden im Inneren der Klimakuppel Hitze, Wind und Gerüche erzeugt, um die Immersion und deren multisensorische Wirkung zu verstärken.
Eine solch intensive Erfahrung ist an den physischen Raum gekoppelt. Und genau darum geht es dem Team von Garamantis, erzählt Andreas.
“Wir haben auch Versuche mit Web-Technologien gemacht und da auch Lösungen gefunden. Aber damit lässt sich kein immersives und gemeinschaftliches Erlebnis erreichen. Die Idee hinter Web-Technologie ist ja, dass sich jede*r, von jedem Ort, mit jedem Device und mit egal welcher Auflösung einwählen kann. Und die Kompromisse, die wir da eingehen müssen, sind so unglaublich groß, dass nicht mehr viel von dem Erlebnis übrig bleibt. Deshalb arbeiten wir lieber vor Ort mit leistungsstarken Maschinen und zeigen, was alles möglich ist. Etwas anderes kann sich das Team auch nicht vorstellen.”
Garamantis arbeitet genau dort, wo Kreativität und Technologie zusammenfallen. Es geht nicht nur um technologische Machbarkeit, sondern das Team hinter Oliver und Marcus ist häufig selbst am kreativen Prozess beteiligt und entwickelt Ideen und Ansätze.
“Teilweise kommt die kreative Idee von der Agentur, mit der wir zusammenarbeiten, teilweise entwickeln wir diese aber auch selbst. In den ersten Gesprächsrunden spinnen wir frei rum und lassen die Ideen fließen. In den weiteren Runden müssen wir die dann auch mit Budget und Zeitplanung in Einklang bringen, da kommt dann also der Realitätscheck. Aber meine Kolleg*innen sind da sehr erfahren und wissen sehr gut, was zu realisieren ist oder wie es sich dem Budget entsprechend abwandeln lässt. Für uns ist aber sehr wichtig, dass dabei ein neues Erlebnis entsteht. Wenn das die Rahmenbedingungen nicht hergeben, dann machen wir es auch nicht.”
Eine immersive Reise durch die Galaxie
Kreativität spielt eine große Rolle im Arbeitsalltag von Garamantis. Deshalb bleiben die Projekte mit der Ars Electronica auch die spannendsten, gibt Andreas zu:
“Da, wo wir selbst kreativ werden und selbst entwickeln können, das ist vor allem spannend für uns. Wir denken die Kreativität zuerst und überlegen uns dann, wie wir das technisch abbilden können. Meinen Kolleg*innen ist immer wichtig, dass wir nicht einfach nur eine Tech-Demo machen; die Technik soll einen Nutzen erfüllen. Dabei ist diese selbst manchmal besonders eindrücklich, aber im Vordergrund soll immer die Interaktion und das Erlebnis oder auch die Kunst stehen. Deshalb: Creativity First. Und die passende Technologie wird dann dementsprechend ausgewählt.”
Der Deep Space 8K in Linz gehört sicherlich zu den spektakulärsten Projekten, an denen Garamantis beteiligt ist. Mittlerweile gibt es auch an anderen Orten Versionen dieses immersiven Projektionsraumes. Zeitweise gab es eine kleinere Ausgabe in Singapur und aktuell steht eine der in Linz entsprechenden Größe in Mexiko. Während wir mit Andreas sprechen ist Oliver gerade vor Ort in Mexiko und spielt die neuesten Updates auf. Von der Präsentation in Linz schwärmt Andreas noch heute.
“Die Reise durch die Galaxie im Deep Space in Linz war wirklich die beeindruckendste Präsentation, die ich je gesehen habe. Wir konnten in Echtzeit durch die Galaxie reisen, zur Milchstraße, zu den einzelnen Planeten und auch durch die Zeit, das war unglaublich. Das hat mir ein Gefühl von Raum und Zeit gegeben, was ich so nicht kannte. Da steckt richtig Rechen-Power hinter.”
Dass Garamantis nicht gerne Kompromisse bei der eigenen Arbeit eingeht, liegt wohl an genau solchen Erfahrungen. Natürlich sind der Multitouch-Tisch oder die Klimakuppel kein Deep Space. Aber auch sie stehen im Dienst neuer immersiver Erfahrungen an der Schnittstelle zwischen Kunst, Kreativität und Technik und ermöglichen Besucher*innen neue Zugänge zu Information und Wissen. Aktuell ist Garamantis an der Umsetzung des Samurai-Museums in Berlin beteiligt, dessen Eröffnung für den 8. Mai geplant ist. Andreas verspricht ein “Interaktives Feuerwerk”.
1 Antwort auf den Artikel