Die Games-Branche wächst stetig. Die Corona-Krise brachte zusätzlichen Aufschwung, da während der Lockdown-Phasen die Zahl an Spielenden zugenommen hatte und mehr Geräte und Spiele verkauft werden konnten. Kaum ein anderer Wirtschaftsbereich konnte so von der Krise profitieren, wie dieser Teilbereich der Kreativbranche. Zwischendurch stiegen in 2020 sogar die Konsolenpreise aufgrund der hohen Nachfrage.
Schwächelnder Heimatmarkt
Auch in Deutschland wächst die Branche. Allerdings ist sie im internationalen Vergleich zurückgefallen und konnte nicht in gleichem Maße von der Krise profitieren, wie Spieleentwickler*innen aus anderen Ländern. Der Anteil heimischer Studios auf dem deutschen Markt ist sogar gefallen. Von 100 Euro, die für Games in Deutschland ausgegeben wurden, blieben nur 4,17 Euro bei den heimischen Studios; in 2019 waren es noch 4,93 Euro, wie der Verband der deutschen Games-Branche (game) hier berichtete. Damit sich das in Zukunft ändert, tritt der Verband für die Branche ein und vertritt ihre Interessen gegenüber der Politik.
Der game ist der Bundesverband der deutschen Games-Branche. Mitglieder sind Entwickler*innen, Publisher*innen, eSport-Veranstalter*innen, Bildungseinrichtungen und Dienstleister*innen. Insgesamt zählt der Verband über 340 Mitglieder. Schwerpunktthemen sind dabei die Games-Förderung, der Einsatz von Games in der Bildung sowie generell der Bereich Medienkompetenz. Die 10 zentralen Forderungen findet ihr hier.
Der game ist außerdem Mitveranstalter der gamescom, der weltgrößten Games-Messe in Köln, wo die Themen und Forderungen prominent platziert und große Reichweiten generiert werden können. Regelmäßig treten hier Spitzenpolitiker*innen auf wie Angela Merkel oder Andreas Scheuer. Als Gesellschafter tritt der game beispielsweise bei der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) oder der Stiftung Digitale Spielekultur in Erscheinung und ist der Träger des Deutschen Computerspielpreises.
Im Jahre 2018 fusionierte der game mit dem Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware (BIU). Maßgeblich beteiligt an dem Zusammenschluss war Felix Falk, der beim BIU die Rolle des Geschäftsführers innehatte. Seit 2018 führt er diese Funktion nun beim game aus. Wir haben mit Felix Falk ein Interview über die Arbeit des game, die Probleme des deutschen Games-Marktes sowie die Diversität in der Branche geführt.
Die selbst auferlegte Mission des game ist es, Deutschland zum besten Games-Standort zu machen. Wo steht Deutschland hier aktuell im internationalen und vielleicht auch europäischen Vergleich?
Die Games-Branche zählt zu den weltweit größten und wachstumsstärksten Medien- und Kulturmärkten überhaupt. Auch in Deutschland gibt es eine sehr lebendige und kreative Games-Branche, die im Wachstum begriffen ist. Im internationalen Vergleich sind die Rahmenbedingungen für die Entwicklung von Spielen aber über viele Jahre nur wenig konkurrenzfähig gewesen. Darum sind uns andere Standorte wie Großbritannien, Frankreich oder Kanada enteilt. In diesen Ländern sind deutlich mehr Menschen in der Games-Branche beschäftigt. Hier sollte Deutschland eine größere Rolle spielen. Darum arbeiten wir daran, die Rahmenbedingung für die Spieleentwicklung in Deutschland zu verbessern.
„Die Aufmerksamkeit der Politik gegenüber der Games-Branche ist stark gewachsen.“
Wie wird die deutsche Games-Branche und der game von Seiten der Politik wahrgenommen und wie viel Einfluss haben Sie als Interessenvertretung der Branche?
Die Aufmerksamkeit der Politik gegenüber der Games-Branche ist stark gewachsen. Das zeigt sich an vielen Stellen. Die Einführung der bundesweiten Games-Förderung mit einem Budget von jährlich 50 Millionen Euro ist dafür sicherlich das stärkste Signal. Aber auch die Einrichtung eines eigenen Games-Referats im Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur oder die Vorstellung einer eigenen Games-Strategie durch dasselbe Haus unterstreichen das. Auch auf Ebene der Länder tut sich hier viel: Beispielsweise sind in vielen Bundesländern zuletzt die Fördergelder für die Games-Entwicklung gestiegen.
Hat sich das Standing der Games-Branche hinsichtlich ihrer Bedeutung für Wirtschaft und Kultur in den letzten Jahren also verbessert?
Die Wahrnehmung von Games und unserer Branche hat sich stark gewandelt. Standen in Deutschland viele Jahre vor allem vermeintliche Risiken von Games im Mittelpunkt der Debatten, hat sich dies zum Glück deutlich geändert. Längst wurde erkannt, dass Computer- und Videospiele ein Innovationsmotor, Wirtschaftsfaktor und Kulturgut sind, wie es auch Angela Merkel bei der Eröffnung der gamescom 2017 selbst ausgedrückt hatte. Wir als game-Verband versuchen gemeinsam mit unseren Mitgliedern diese Entwicklung zu verstetigen.
„Das Potenzial von Games sowie ihren Konzepten und Technologien in der Bildung ist riesig.“
Games haben ein Potential für Bildung und Sensibilisierung, das einer Umfrage zufolge nicht ausgeschöpft werde. Gibt es hier Ansätze, wie sich dieses Potential besser ausschöpfen ließe und gibt es hier auch Konflikte hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit der Games bei den Entwickler*innen?
Das Potenzial von Games sowie ihren Konzepten und Technologien in der Bildung ist riesig und wird immer häufiger eingesetzt. Und das gilt sowohl für die schulische als auch die berufliche Bildung. Die Herausforderungen sind dabei recht unterschiedlich: Bei beruflichen Aus- und Weiterbildungsangeboten gibt es eine große Offenheit gegenüber Gamification und Serious Games. Häufig werden deren Vorteile, etwa eine höhere Lernmotivation oder geringere Kosten, längst erkannt. Etwas anders sieht die Lage in der schulischen Bildung aus. Auch wenn viele Eltern privat bereits auf Serious Games setzen, um ihre Kinder beim Lernen zu unterstützen, sind viele Schulen auf digitale Bildungsangebote nur schlecht vorbereitet. Häufig fehlt ein ausreichend schneller Internetanschluss, die entsprechenden Geräte oder pädagogische Konzepte zu digitalen Bildungsmedien. Hier müssen wir besser werden, wenn wir das große Potenzial von Games als Bildungsmedium nutzen wollen.
Die Verteilung der Geschlechter unter den Spielenden ist nahezu ausgeglichen. Wie sieht es diesbezüglich bei den in der Branche Beschäftigten aus?
Das Geschlechterverhältnis unter den Spielenden in Deutschland ist schon seit einigen Jahren ausgeglichen. Das trifft allerdings noch nicht auf diejenigen zu, die die Spiele auch entwickeln und vertreiben. Rund jede vierte Arbeitskraft in der deutschen Games-Branche ist eine Frau. Damit liegen wir zwar über dem Niveau vieler anderer Länder und auch der Digitalwirtschaft. Zufrieden sind wir hiermit aber noch nicht. Viele Unternehmen sind händeringend auf der Suche nach Entwicklerinnen. Diversität bei den eigenen Mitarbeitenden ist längst zu einem wichtigen Erfolgsfaktor für Games-Unternehmen geworden.
„Noch nie zuvor haben so viele Millionen Menschen weltweit die gamescom verfolgt.“
Sie sind Mitveranstalter der gamescom. Wie wichtig sind solche Veranstaltungen für die Branche.
Die gamescom als weltgrößtes Event rund um Computer- und Videospiele spielt eine herausragende Bedeutung für die Games-Branche in Deutschland. Zu keinem anderen Zeitpunkt ist die Aufmerksamkeit für Games in Deutschland größer. So ist es uns zur gamescom gelungen, immer wieder wichtige politische Ziele der Games-Branche zu platzieren. Die erfolgreiche Einführung einer Games-Förderung auf Bundesebene ist hier das bekannteste Beispiel.
2021 konnte die gamescom erneut nur digital stattfinden. Wie lief die Umsetzung?
2020 und 2021 konnten wir die gamescom gemeinsam mit unserem Partner der Koelnmesse aufgrund der Corona-Pandemie ausschließlich online stattfinden lassen. Das war ein großer Erfolg. Noch nie zuvor haben so viele Millionen Menschen weltweit die gamescom verfolgt. Dennoch ist auch klar: Ohne das einmalige Vor-Ort-Erlebnis fehlt das besonders intensive gamescom-Festival-Feeling. Daher hoffen wir sehr, im kommenden Jahr sowohl online als auch wieder vor Ort in Köln die gamescom veranstalten zu können.
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